Nachtwanderin
  .JAHRESZEITEN
 

APRIL

Das Herz schlägt laut,
der Zweifel nagt.
Der Kopf sagt nein,
er hinterfragt.

Er denkt sich frei,
die Zeit vergeht.
Der Kopf ergraut,
der Herzschlag steht.

Kein Nein im Raum,
kein Zweifel mehr.
Der Kopf war voll,
jetzt ist er leer.

Das Herz schlug laut,
jetzt steht es still.
Die Kirsche blüht,
es ist April. 

(Kerstin Magirius, 14. Februar 2014)



ES FRÜHLINGT

Leise noch in seinem Werden
wird erfahrbar nun auf Erden
was der Schöpfung mitgegeben,
überall keimt neues Leben.

Sonne strahlt in vollen Zügen,
stiehlt dem Winter sein Vergnügen.
Alles Starre ist am Weichen,
Schöpfung will sich selbst gereichen.

Will nun wachsen, will nun werden,
will erfahrbar sein auf Erden.
Herzumarmend zarte Triebe
künden von des Schöpfers Liebe.

Wenn doch ewig Frühling bliebe...


(Kerstin Magirius, 20. Februar 2014)




DIE GLOCKE


Ein lautvolle Läuten,
wer will sich dran stören?
Der Bauer ist alt schon,
er kanns nicht mehr hören.

Die Kuh auf der Weide,
sie schaut kurz nach oben,
das lautvolle Läuten
gebührend zu loben.

Es schallt von der Höhe
ins Tal bis zum Weiher,
dort liegt das Erwachen
im nebligen Schleier.

Die Glocke - sie läutet
dem Morgen entgegen.
Der Himmel bedankt sich
mit göttlichen Regen.

Und blühn auf den Almen
die ersten Brunellen,
dann hört man die Glocke
noch lieblicher schellen.


(Kerstin Magirius, 07. März 2014)



ERWACHEN

Verspielte Gedanken
die Knospen umwehen.
Ein lieblicher Zauber
im zarten Entstehen.

Gefühltes Erleben,
ein Lächeln dahinter.
Es blättert im Herzen
die Welke vom Winter.

Beflügelte Klänge
die Sinne berauschen.
Am Wegrand bedächtig
zwei Ohren, die lauschen...


(Kerstin Magirius, 13. März 2014)


VOM WERDEN UND VERGEHEN

Der Bauer auf dem Feld,
es riecht nach frischen Dung.
Die Saat ist lang bestellt,
der Frühling trägt noch jung.

Vom letzten Jahr das Laub,
der Wind bläst warm hinein.
Zu trocken noch, voll Staub,
der Frühling hebt sein Bein.

Er tröpfelt hier und dort
als hätt` es keine Not.
Die Erde pflanzt sich fort,
der Frühling träumt sich tot.

(Kerstin Magirius, 24. April 2014)



AM WEIHER

Die Knoblauchrauke steht am Weiher
wo das Wiesenschaumkraut schäumt
und die scharfe Brunnenkresse
von der Pimpernelle träumt.

Der Sauerampfer keimt am Rande
wo das Gänseblümchen blüht
und der Löwenzahn sich redlich
um den Hahnenfuß bemüht.

Der Schmetterling, der sich entpuppte,
als die Honigbiene summte,
sucht nach ihr in jeder Blüte,
weil sie urplötzlich verstummte.

Die Morgenröte taucht ins Wasser
um sich gründlich abzuwaschen.

Währenddessen sucht der Sperling 
einen Wurm sich zu erhaschen.

Der Frauenmantel kanns nicht lassen
vor dem Gundermann zu posen.
Und das himmelblaue Veilchen
flirtet mit den Heckenrosen.

Das Leberblümchen schaut zum Heinrich
wie der Efeu zu der Linde,
wie die Liebste zu dem Liebsten,
wie die Mutter zu dem Kinde.

(Kerstin Magirius, 02. Mai 2014)


GESCHMACKSTEST

Nach was schmeckt er,
dieser Frühling?
Nach früher als sonst,
nach viel zu schnell,
nach Alles mit einmal...

irgendwie
nach Angst
vor dem zu spät.

Die Blätter werfen
ihre Schatten voraus.

(Kerstin Magirius, 08.05.2014)



KALTE SOPHIE

Winterliche Mär, du Holde,
raus aus meiner Blütendolde!
Bist zu kalt mit deinen Lippen,
lass nicht jeden an mir nippen.

Winterliche Mär, du Schöne,
schenk der Stille viele Söhne!
Trink vom Quell der Traumgebinde,
dass ich dich bald schlafend finde.


Winterliche Mär, du Weiße,
geh allein auf Seelenreise!
Bald schon lieg ich dir zu Füßen
um dein Dasein zu begrüßen.

Dann umarm ich dich in Liebe -
sinnlich zart, mit welkem Triebe.

(Kerstin Magirius, 16. Mai 2014)



MAI

Es stiebt der Mai vor Glücksgefühl,
zu Anfang war er noch recht kühl.
Doch nach und nach - man glaubt es kaum,
sitzt sein Begehr in jedem Baum.

Dort webt sein Herz aus goldnem Glanz
der Liebsten einen Blütenkranz.
Der Liebsten, die sein Herz umgarnt
sich durch Blatt und Krone tarnt.

So manches mal, zur Abendzeit,
entkleidet sie ihr Blütenkleid.
Dann wird der Mai ganz plötzlich rot,
schon bald stirbt er den Liebestot.

Dann, wenn der Juni ihn vertreibt 
sich die Liebste einverleibt. 

(Kerstin Magirius, 20. 05. 2014)



GEDICHT ÜBER DIE BRENNNESSEL

Nun verbrenne ich mich an dir
keine taube Nesseln
nur Feuer
in meiner Hand
eingebunkert
wie Goldbarren
trage ich dich
nach haus

königliche
du

 

heilsam
liebendes
Geschenk

(Kerstin Magirius, 02. Juli 2014)


 

TAUSENDGRÜN

 

Windschattengewächse
sicher angepflanzt
vor allem anderen
verloren geglaubten
Grün.

Trauerweiden streichen
sanft ihre Träume
in den Wind

Blätterträume
überall

ein Hauch Frieden

(Kerstin Magirius, 11. Juli 2014)



AUFERSTEHUNG

Laubtaschen 
gefüllt mit 
Herbst.

Ertrunkenes Licht
darin
winterzart
umwebt
das Frühlingswort

erwachen.

(Kerstin Magirius, 20. Juli 2014)



VOM WINDIGEN TAG

Ein luftiges Plätzchen...
die Blätter - sie rauschen.
Sie machen ein Schwätzchen,
ich möcht sie belauschen.

Ein windiges Örtchen...
ich könnte drauf schwören - 
das Rascheln der Blätter,
es will mich betören.

Ein stürmisches Wehen
durch Büsche und Hecken.
Ich kann kaum noch stehen,
ich muss mich verstecken.

Ein Dornbusch am Hange,
dort setz ich nieder.
Das windige Örtchen - 
es klingt in mir wieder.

Und bald schon im Tale
wo Stille nur waltet,
werd ich zum Windspiel,
das frei sich entfaltet.

Dann hört man es klingen
noch lauter als heute,
das liebliche Singen
der herbstlichen Bräute.

(Kerstin Magirius, 15. August 2014)



FRÜHLING IM SEPTEMBER

Die Nacht im schönsten Traumgewand,
schon wandelt sie mit leichtem Schritt.
Wohin sie geht, ist Unbekannt.
Das Herbstgefühlte - es geht mit.

Und öffnet sich in dir und mir
als unbeschriebnes, weißes Blatt.
Wir tröpfeln Herzblut aufs Papier,
das streicht die Seelenfalten glatt.

Es könnte ja… die Nacht ist lang,
der Mond schaut durch das Fenster rein...
mit Zartgefühl… kein Überschwang,
ein neuer Frühlingsanfang sein.

(Kerstin Magirius, 08.09.2014)



DIE EICHEL

Einsam hing die Eichel dort
an dem Baum, sie machte Sport.
Baumelte mal hin, mal her
drehte sich verkreuz, verquer.

Manchmal sah sie sich kurz um,

bog sich dabei schief und krumm.
Dieses Treiben sah ein Späher,
auch bekannt als Eichelhäher.

"Sag", so fragte er sie schließlich,
"Warum hängst du nicht verdrießlich

steif vom Ast ganz einfach runter?
Warum turnst du hier so munter?"

Mühsam nur konnt sie verbergen

ihre Angst vor diesem Schergen.
"Ich bin eine von den Neuen,
wer mich frisst, den wird es reuen."

Sagte sie und wollt beweisen

durch ein unförmiges Kreisen,
dass sie anders ist als alle,
doch dabei kam sie zu Falle.

Unten saß sie dann verdattert,

von drei Enten laut umschnattert.
Hasen, Füchse, Rehe, Katzen
kamen um mit ihr zu schwatzen.

`Diese Eichel ist der Renner`

dachte sich der Eichelkenner.
So vergrub er sie in Tiefen
wo die Zauberwesen schliefen.

Und im Frühjahr -  welch ein Wunder,

trieb die Eichel wieder munter
ihre Spielchen auf der Weide,
nur in einem andren Kleide.

(Kerstin Magirius, 08.09.2014)


APFELZEIT

Ich nahm einen Apfel 
und legte ihn locker
damit er nicht bräunelt
gekonnt auf den Hocker.

Dann hob ich den Nächsten
hinauf in die Höhe.
Sie lagen am Boden
wie sterbende Flöhe.

Das Maß aller Maße
war Stilecht geboren,
als dann der Hocker
ein Bein hat verloren.

Die Äpfel sie rollten
hinan, wo sie lagen.
Was sollte ich machen?
Mir knurrte der Magen.

Ich nahm einen Apfel,
den Schönsten im Bunde
und führte ihn sachte
gekonnt bis zum Munde.

Ich war im Gedanken
schon lange beim Beißen,
Da war mir -wie peinlich-
ganz plötzlich wie scheißen.

Ich lief um mein Leben,
die Äpfel tats freuen.
Doch bald schon, da komm ich
und bück mich von Neuem.

Dann nehm ich die Äpfel…
egal, wo sie liegen
und pack sie zur Strafe
in hölzerne Stiegen.

Und sollten sie jammern
und betteln wie Kinder.
Ich werde sie essen
die Äpfel, im Winter.

(Kerstin Magirius, 18.09.2014)


WEGWARTE

Sie wartet noch immer,
ihr Blau steht für Treue.
Sie stirbt für die Liebe
und blüht stets aufs Neue.

Die Nacht bringt schon Kälte,
sie lässt sich nicht stören.
Die Blume der Sehnsucht - 
der Wind kann sie hören.

Er streut ihre Worte
auf Felder und Wiesen,
so kann sich die Liebe
ins Leben ergießen.

(Kerstin Magirius, 27.09.2014)

NEBEL


In jedem Nebeltropfen schwingt
ein letztes Mal, das einsam ringt
mit fallenden Vergänglichkeiten,
undurchsichtiges Entgleiten

von einst und ewig wiederkehren
so, als wollte es beschweren
was sich liebgeworden weitet
an dem erdig spröden Kleide

das, von welkem Laub verziert,
sich im Nebelkleid verliert
wie ein sinnverwebtes Strahlen,
um das Bild zu untermalen.

(Kerstin Magirius, 13.10.2014)


MONDENNACHT

Zur vollen Stunde,
Nacht am Rhein.
Vollmond lädt
zum Träumen ein.

Des Herzens Wunde
schlürft die Nacht,
Traum entfaltet
seine Pracht.

Im tiefsten Grunde
plätschernd leicht
hat der Traum
den Mond erreicht.

Den Traum im Bunde,
mondlichtgroß
trägt der Rhein
das Herz im Schoß.
(Kerstin Magirius, 17.10.2014)



BACHSTELZE

Am Bach die Stelze - 
stolz ,erhaben
zwischen Gottes
reichen Gaben.

Nach der Frucht des
Lebens pickend,
mit dem Kopf bejahend
nickend.

Am Bach die Stelze,
ich daneben.
Lust und Freude,
JA zum Leben.

(Kerstin Magirius, 11.11.2014



GRAU


Grau beschwert zerplatztes Licht,
Regenrunzlig das Gesicht.
Pusteblumenstundenzähler,
Tagestraumretortenschäler.

Still verhangen immer noch
Grau im Grau - ein Grautonloch.
Grautonlöcher, Lochkantaten,
Spätnovemberherbstgestaden.

(Kerstin Magirius, 20.11.2014)

WEISS

Wintermärchen vorbehalten
Wurzelmännchen, Traumgestalten.
Schornsteinrauchig gähnt die Stadt
spätherbstmüde, grautonsatt.

Troststeinpflaster Flockentänze,
Wolkenmäre flechten Kränze.
Weißtonblütenduftigleicht - 
Traum entblätternd, Schnee umweicht.


(Kerstin Magirius, 22.11.2014)

BLATTSPUREN

Goldgelb

verfärbt
getropftes
Licht.

Gekrönt,
verzweigt,
der Herbst - 
er spricht.

Mit jedem Blatt
ein neues Wort.
Der Wind - 
er weht
die Spuren
fort...

(Kerstin Magirius, 27.11.2014)
 

Eisprinzessin

Blütenschnee am Fenster,
frostig, süßer Charme.
Winterlicher Zauber,
dunkler Zeitenarm.

Funkenlicht am Feuer,
wangenroter Wein.
Aufgetaute Knospen
nennt die Liebste `mein`.

Abgepflückt vom Fenster
als ich nach ihr rief.
Sie im Arm des Winters
dunkelfrostig schlief.

(Kerstin Magirius, 12. 12. 2015)

BLÄTTERND

Es weihnachtet nun wieder,

schon bald blüht auch der Flieder.

Und bald schon, dicht dahinter, 

kommt Sommer Herbst und Winter.

Dann weihnachtet es wieder

und wieder blüht der Flieder.

Und was kommt wohl dahinter?

Wie liebe ich den Winter!

(Kerstin Magirius, 13.12.2014)


STURMTANGO

Sturmtango tanzt heute draußen der Wind.

Er hebt seine Beinchen zum Tanzen geschwind.

Schon schwingt er die Hüfte und dreht sich im Kreise,

die Bäume verbiegt es auf seltsame Weise.


Nun springt er hinan über Hügel und Feld.

Es scheint, das es nichts gibt was ihm mehr gefällt.

Oh doch…doch das wissen nur windige Kleider.

Es ist lang schon Nacht und der Wind - er tanzt weiter.


Man hört ihn laut pfeifen, welch froher Gesell.

Er tanzt seinen Tango, es ist lang schon hell.

Da bleibt er ganz plötzlich erstarrt und in Pose,

die Füße bespickt mit den Dornen der Rose.


Die lächelt verwelkt mit windigem Blick.

Dann hebt sie zum Tanz an mit großem Geschick.

Der Wind lässt sich fallen, er kann nicht mehr wehen,

doch kann er die Rose im Tangoschritt sehen.

(Kerstin Magirius, 13.12.2014)

ADVENT

Still

die Zeit,

ein Alphabet -  

Algorithmus der Natur.

Auf dem höchsten Dach der Welt

hinterlässt er seine Spur

eingewebt in

Sinn und

Sein.


Klang

der Zeit,

ein Widerhall.

Resonanzen im Advent. 

Schwingungsreigen übergroß, 

ungebremste Agonie.

Selbstzerstörend

der Moment

wenn


die letzte Kerze

brennt.

(Kerstin Magirius, 14.12.2014)

 WEIHNACHTSZAUBER 

Die Lotte schmückt den Weihnachtsbaum,
der Hund schaut bellend dabei zu.
Der Mann verzieht sich in den Stall
dort hat er selig seine Ruh.

Das Kind springt auf dem Canapè,
der Vogel schimpft über den Hund.
Die Katze faucht den Vogel an,
nun hat sie endlich einen Grund.

Der Weihnachtsbaum ist bald geschmückt,
die Lotte macht die Lichter an.
Ganz plötzlich ist es friedlich still,
was so ein Baum bewirken kann.

(Kerstin Magirius, 18.12.2014)


WINTERWEISS

So Vieles wird mir weiß gemacht,
ich brauch gar keinen Winter.
Aus allen Wolken falle ich,
komm ich erstmal dahinter.

So wie der Schnee vom Himmel fällt...
nur fall ich etwas schneller.
Wenn ich dann frisch gelandet bin,
bin ich auch wirklich heller.

Drum bet ich oft zu meinem Gott
und bitt um etwas milde.
Denn ringsherum, wohin ich schau,
da schneit es im Gefilde.


(Kerstin Magirius, 18. Dezember 2014)


WEIHNACHT

Der Weihnachtsmann kommt heute.
Er wird uns reich beschenken,
mit einem Sack voll Freude
das Herz zum Nächsten lenken.

Die Kirchturmglocken klingen
viel Heller dann zur Stunde
und Engel überbringen
die weihnachtliche Kunde.

Zum Stelldichein der Herzen
schleicht Gott auf leisen Sohlen
im Flackerschein der Kerzen,
den Weihnachtsmann zu holen.

Der lässt sich nicht lang bitten - 
wohlan, es kann beginnen!
Das Fest in aller Mitten,
ein friedsames Besinnen.

(Kerstin Magirius, 24.12.2014)

LAUTSTILL

Besinnlich wohl
doch Wald und Flur,
sie haben ihre
eigne Uhr.


Bestürmte Zeit,
kein stiller Klang.
Ein Klagen mehr, ein
Abgesang.

Betagtes Licht,
der Laut ein Schrei.
Zu bald geht dieses
Jahr vorbei.

(Kerstin Magirius, 25.12.2014)



NAHTLOS

Dem Ende nahtlos folgt das Licht.
Am Horizont, im Wolkendicht,
ein Ahnen schon, ein Jubelschrei.
Das Alte Jahr zieht bald vorbei.

Dann bricht heraus aus dunklem Keim
der Urkraft neuer Wiegenschleim.
Mit `Wünsch dir was` gekonnt verrührt,
zum Neujahrsmixtrunkpunsch gekürt.

Es wabert schon, es gluckst und spritzt.
Der Übergang ist bald geritzt.
Dann aber, ja, was wird dann sein?
Dann holt das alte Jahr uns ein.

(Kerstin Magirius, 30.12.2014)

 
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