Nachtwanderin
  - JAHRESZEITEN -
 

WINTERSTILL

Im Letzten, Neuen, Diesen,
augenscheinlich Winter.
Frühlingsblumen sprießen
sicher bald dahinter.

Anders als begonnen,
irgendwie zerschlagen.
Hoffnungsvoll versponnen,
sicher nur vertagen.

Dicht doch nicht verdichtet,
ungewollt ergeben.
Sicher bald entrichtet
brach gefülltes Leben.


(Kerstin Magirius, 12. 01. 2015)

REGENZEIT

Der Regen wurmt so vor sich hin,
er fädelt sich durchs Windgeflecht,
Bezirzt den Bach und auch den Fluss,
der Algebra des Seins gerecht.

Der Regenwurm kriecht zu ihm rauf,
er freut sich an den Tropfkantaten.
Betont betröpfelt geht die Zeit
verwurm und fadenscheinig baden.

(Kerstin Magirius, 17.01.2015)

WINTERWUND

Die Erde lechzt...
zu kalt der Raum.
Ein stilles Grab,
kein Blütentraum.

Das morsche Holz
auf welkem Grund,
ein Ewigbild,
ein Winterwund.


Mit jedem Schritt
die Erde bebt.
Die Zeit steht still,
die Stille lebt.

(Kerstin Magirius, 25.01.2015)

AUFTAUEN

Wintermärchenträume
vor Augen
im Herzen
geschmolzenes Eis.

Sonnendurchflutet
der Kälte trotzend
bizarre Lust.

Zu früh
für den Frühling.

(Kerstin Magirius, 26.01.2015)

EINKLANG

Der Wald erwacht,
die Amsel singt.
Ein warmer Tag,
der Schnee ertrinkt.

Die Luft schmeckt grau,
der Specht - er klopft.
Ein schöner Tag,
der Regen tropft.

(Kerstin Magirius, 26.01.2015)

SCHNEESAAT

Saat aus Träumen - 
Wintersamen,
breit Verstreutes
ohne Namen.
 

Saat der Stille - 
Sinnessprossen,
weiß Umliebtes
zart umschlossen.

Saat des Wartens - 
Winterkinder,
Traum Erblühtes
bald dahinter.

(Kerstin Magirius, 26.01.2015)

WINDLAUB

Nicht unhörbar, vom Wind entblößt.
Nicht wirklich still, nicht wirklich laut.
Nur einfach da, von Sein durchflößt,
den Nebelschwaden anvertraut.

Nicht unnahbar, vom Wind umweint.
Ein Tropfen Klang, ein klangweit Meer.
Ein kaltes Nass, von zartem Teint
auf warmer Haut, es fühlt sich schwer.

(Kerstin Magirius, 15.02.2015)

LICHTWEIT

Wartend scheiteln sich die Äste,
ordnen ihre kargen Zweige.
Zeigen von sich nur das Beste,
geht die Nacht doch bald zur Neige.

Hungrig spaltet sich die Rinde,
atmet Frischluft in die Wunden.
Hat das Herz von einem Kinde,
klammert sich an lichte Stunden.

Reglos stehen sie und warten - 
dunkle Schatten, die sich trauen
in dem winterstillen Garten
ihren Morgen zu erschauen.

(Kerstin Magirius, 17.02.2015)

HEIMKEHRER

Flügellähmung will nicht greifen,
in den Lüften kein Versteifen.
Kein erschöpfendes Begehren,
nur ein göttliches Vermehren.

Frühlingswolllust stellt die Weichen,
gibt den Heimkehrern ein Zeichen.
Malt im Himmel ein Willkommen...
Manchen hab ich schon vernommen.

(Kerstin Magirius, 24.02.2015)

WORTMÄHNE

Der Sperling spürt es im Gefieder,
die Wipfelträume schlagen aus.
Verknospen sich in dem Wort `wieder`,
begeistert klopft der Specht Applaus.

Die Amseln üben sich im Singen,
Versteckte Lust krümmt sich zum Mond.
Verbeugt sich vor dem Wort `erbringen`
wohl wissend, dass die Mühe lohnt.

Die Enten schnattern wie von Sinnen,
am Wortteich gluckst es hörbar sehr.
Entlädt sich zu dem Wort beginnen
wird sichtlich sichtbar, immer mehr.

(Kerstin Magirius, 02.03.2015)
 

TRAUMVOGEL

Ein Vogel sang mir heut im Traum,
er sang sein Lied ganz ungeniert.
Ich habe mit ihm dann im Baum
das Lied vom Frühling tiriliert.

Wir sangen es die ganze Nacht,
ich habe es noch jetzt im Ohr.
Dann bin ich plötzlich aufgewacht
und alles war so wie zuvor

Nein -  doch nicht ganz, denn ganz ganz nah
klang mir ein Lied zum Fenster rein.
Ich wusste - auch wenn ich nichts sah,
das konnte nur mein Vogel sein. 

(Kerstin Magirius, 07. 03.2015)

WINDLICHT

Zittrig schimmert durchs Geäst -
noch sehr wacklig auf den Beinen
was den Winterschlaf verlässt
und den Tag lässt warm erscheinen.

Goldig flattert es umher-
kann sich noch nicht recht entscheiden.
Macht es sich ersichtlich schwer
auf dem Frühlingsweg zu schreiten.

Ängstlich klammert es sich fest,
bringt das Erdenkleid zum Strahlen.
Baut beflügelt sich ein Nest
um den Neubeginn zu malen.

(Kerstin Magirius, 14.03.2015)

AM WIESENGRUND
 
Den Buntspecht hört man schon von weiten,
die Spatzen sind dem Tag gewogen.
Es ist fast wie in alten Zeiten,
der Winter hat sich schnell verzogen.

Die Amseln singen schönste Lieder,
die Mücken tanzen zu dem Reigen.
Der Grünfink putzt sich sein Gefieder,
der Frühling bricht sein tiefes Schweigen.

Die Tauben gurren von den Dächern, 
die Krähe übt sich im Verweilen.
Der Eichelhäher klingt noch blechern,
er muss am Klangbild wohl feilen.

(Kerstin Magirius, 28.03.2015)

STURMTIEF

Regen randvoll schwer,
aufgepeitschtes Meer.
Sturm geplagtes Land,
Menschen Hand in Hand

ausgehöhlt am Strand...

(Kerstin Magirius, 31.03.2015)

KIRSCHBLÜTE
 
Blütenschnee,
der Wind hat Zeit.
Unschuldsweiß,
die Sonne lacht.
Frühlingstraum,
ein wehes Glück.
Silbermond,
es folgt die Nacht.

Kirschtraumsüß,
noch schweigt der Wind.
Augentrost,
der Himmel strahlt.
Sternengold,
das Herz taucht ein
blütenzart,
von weiß ummalt.

(Kerstin Magirius, 22.04.2015)

MAIENGOLD

Wiesenknöpfe aufgefädelt,
dottergelbe Kronjuwelen.
Lichtgefüllte Erdpralinen
geh ich jeden morgen stehlen. 

Golddukaten Handgepflückte,
Löwenzähne - lebensgroße
butterzarte, windzerzauste
steck ich dann in meine Hose.

(Kerstin Magirius, 05.05.2015)
 
 
TAULICHT

Das Welke von Gestern,
daneben die Knospen
Vergehen, Erwachen
im Bilde vereint.
Verzweigtes Umarmen,
zwei liebende Schwestern
im grasgrünen Ufer
von Taulicht umweint.

Das Tröpfeln am Weiher - 
verhaltenes Klingen.
Erschlaffend, erstarkend,
pulsierend der Laut.
Am grasgrünen Ufer - 
zwei liebende Schwestern.
Verzweigtes Umarmen
von Taulicht umblaut.

(Kerstin Magirius, 10.05.2015))


ZUPFLIESEL

Heut geh ich zu der Mutter hin,
in ihren grünen Garten
wo Brennnessel und Schachtelhalm
schon freudig auf mich warten.

Sie kennen mich vom letzten Jahr,
ich zupfte sie vom Rasen
und gab sie dann in einen Trog
als Futter für die Hasen

Nun stehen da noch sehr viel mehr,
sie stehen da und schauen
ob ich sie zupfe, so wie einst,
ob ich mich würde trauen.

(Kerstin Magirius, 11.05.2015)


MAIENZEIT

Fliederduft,
ein Blütentraum.
Sonne lässt ihn hell erstrahlen,
will die unscheinbare Zier
dieser Göttlichkeit ummalen.

Rosaweiß,
ein Mandelbaum.
Winde, die ihn zart umwehen
so, als hätten Sie das Welk
seiner Blüte nicht gesehen.

Lippenrot,
ein Abschiedskuss.
Frühling will noch einmal winken.
Taucht die Welt in schönstes Bunt,
lässt das Herz darin ertrinken.


(Kerstin Magirius, 13.05. 2015)

HAARIGE ZEIT

Durchkämmt vom Wind
des Schöpfers Haar.
Ein Grasgrünschopf,
so wunderbar.

Erfüllend pur,
ein voller Grund - 
gelockt, gesträhnt,
ein Vielzahlbunt.

Belaubt vom Glück,
bizarr pikiert
wenn Herbstlichkeit
sein Haupthaar ziert.

Verwehtes Grün
dann Kahlheit zeigt,
dass sich ein Jahr
zum Ende neigt.

Begründet drum
im Jetzt und Hier
die grüne Zeit,
das Grün mit dir.

(Kerstin Magirius, 08.06.2015)

LINDENTRAUM

Lindenblütenweich umschlossen
knospenzarte Liebessprossen.
Lustvermählte Duftgestaden
sich in Wald und Flur entladen.

Windbeflügelt leicht entschweben,
sich wie du und ich ergeben...
als ein Ganzes dann zerfließen
wenn die Lindenblüten sprießen.

Lindenblütentraum verwandelt
miteinander so verbandelt
bis das honigsüß verzückt
unerreichbar weit entrückt

nur das Jenseits noch beglückt.

(Kerstin Magirius, 10. 06.2015)

IN BALDE


Sommer ists,
die Vögel sangen.
Frühling ist
davon gegangen.
Nur vereinzelt
noch ein Singen,
will nur nicht mehr
recht gelingen...
mehr ein Krächzen,
ein Erkennen,
Abschied muss man
nicht benennen.
Ist vergebens jedes Mühen,
die Natur ist am Verblühen.

Sommer - er
verströmt im Walde
seine letzte Atemfalte.

(Kerstin Magirius, 28.07.2015)

DEMUT

Golden gelbe Blätter,
graues trübes Wetter.
Regentropfen spritzen,
Müßiggänger sitzen.

Reife Früchte platzen,
alte Weiber schwatzen.
Pilzgeflechte sprießen,
wilde Wasser fließen.

Duftig, welke Träume,
herbstbelaubte Bäume.
Späte in den Zweigen...
Zeit, sich zu verneigen.

(Kerstin Magirius, 25.10.2015)

WIE WOHL...

Wie wohl das Kind dem Kinde,
das Blatt fällt von der Linde.
Der Herbst formt ein Gebinde
mit Blättern, die geschwinde
umarmen sich im Winde.

(Kerstin Magirius, 08.11.2015)

WINTERKLANG

Nun tönt es anders als vorher,
es tönt in einem Sinn von schwer.
Es tönt in einem Sinn von laut,
dass keiner seinen Ohren traut.

Was klingt da nur, wo kommt es her?
Es bebt das Herz , es bebt so sehr.
Welch kalter Ton...ein Winterklang,
er macht vor diesem Winter bang.

Der Ton, der kalt und unbeschwingt
durch Tür und Tor und Ritze dringt
und wenn es ihm dann noch gelingt,
das Herz mit Brachgewalt bezwingt.

(Kerstin Magirius, 19.11.2015)

HIMMELSLICHT


Öffnend, segnend Hand und Herz,
lichtvoll Zeit und Raum durchdringen.
Trotzend allem Weltenschmerz
heilsam durch die Lüfte schwingen.

Hoffend, glaubend Aug und Ohr,
Weihnacht naht und nährt das Scheinen
lieblicher als je zuvor,
sich im Lichtmeer zu vereinen.

Wärmend, leuchtend hell und weit,
friedlich scheint die Welt verbunden
für die eine, kurze Zeit.
Diese Zeit, ich möcht sie stunden.

(Kerstin Magirius, 22.12.2015)

TROST

Tau tropft von den Zweigen,
tröstliches Geleit.
In des Waldes Fluren
macht sich Stille breit.

Wind fegt durch die Wipfel,
tröstlicher Gesang.
Will den Wald umlieben
einen Winter lang.


(Kerstin Magirius, 29.12.2015)

 
 
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