Nachtwanderin
  - SONSTIGES -
 

 SCHLEIMPROGNOSE

Im Gehör sitzt eine Schnecke,
dicker Schleim rinnt ins Gehirn.
Er verstopft, verklebt, verkrustet,
malt Mimosen auf die Stirn.

Viele kleine, dicke Schnecken

sitzen menschverliebt im Ohr.
Produzierte Kleingeistgrütze
quillt so massenhaft hervor.

Irgendwann, in ein paar Jahren
gibt es Schneckenduft fürs Klo.
Schleimprognostisch macht ein Stuhlgang
uns dann exaltierend froh.


(Kerstin Magirius, 06.01.2015)

EINTOPF

Ein Topf rot
Ein Topf blau
Ein Topf glatt
Ein Topf rau

Ein Topf voll
Ein Topf leer
Ein Topf leicht
Ein Topf schwer

Ein Topf heiß
Ein Topf kalt
Ein Topf neu
Ein Topf alt

Ein Topf auf
Ein Topf zu
Ein Topf ich
Ein Topf du

Ein Topf dort
Ein Topf hier
Ein Topf Herz
Kein Topf wir

(Kerstin Magirius, 09.03.2015)


BLATTSTAUB

Ich nehme dich mit
Staub 
Korn
du

zu mir.

Ich atme tief ein
dann

dich

und
aus.

(Kerstin Magirius, 18.03.2015)

PFÜTZENTRAUM

Kinderhände lehmverschmiert

in der Pfütze sich vergnügen,

phantasievoll ungeniert

das Gedankenmeer durchpflügen.

Lehmverschmiert am Pfützenrand

viele kleine Kinderbeine,

wider jedem Unverstand

mit der Sinneswelt alleine.

Sinneswelten lehmverschmiert -

Kinderaugen, die sich trauen

phantasievoll, ungeniert

ihren Pfützentraum zu schauen. 

(Kerstin Magirius, 24. März 2015)

GEFUNDEN

Ich glaubte meinen Ohren nicht,
ich lauschte in die dunkle Nacht.
Mir war, als wenn da jemand spricht,
als wenn da jemand leise lacht.

Ich schlüpfte schnell in meine Schuh
und öffnete die Tür geschwind.
Es lies mir einfach keine Ruh,
mein Nachthemd wehte leicht im Wind.

Ich folgte einer leisen Spur,
ich stapfte durch den tiefen Schnee.
Ich wusste nicht, ich fühlte nur,
die Kälte tat den Füßen weh.

Ich lauschte in die dunkle Nacht,
ich sah dem Mond und lief drauf zu.
Ich wusste nicht, wie er es macht.
er fühlte sich so an wie du.

(Kerstin Magirius, 02.04.2015)

MÜßIGGANG

Ein Stuhl, ein Tisch, ein Schrank, ein Bett.
Die Sonne scheint ins Zimmer rein.
Sie legt sich auf das Fensterbrett,
lässt alle Viere g`rade sein.

Der Tisch, der Schrank, das Bett, der Stuhl,
sie stehen da im Zimmer still.
Die Sonne lächelt vor sich hin - 
mag kommen, was da kommen will. 

Die Zeit, der Lärm, der Wind, das Muss,
sie harren draußen auf der Bank.
Sie wünschen keinen Schulterschluss
mit Bett, mit Stuhl, mit Tisch, mit Schrank.

Ein Tisch, ein Bett, ein Schrank, ein Stuhl,
die Sonne stört der Anblick nicht.
Sie freut sich an dem schlichten Sein
und schenkt dem Müßiggang ihr Licht.

(Kerstin Magirius, 01.05.2015)

BUCH GOTTES


Seitenweise Herzgedichte,
buntverzierte Leibgerichte.
Lichtbelaubte Liebesdolden,
Schöpfungsvielfalt unbescholten.

Seitenweise Eselsohren
Seelenbalsam, Sinnessporen.
Aufgeblättert, eingebunden
in dem kleinen Wort - Gefunden.

(Kerstin Magirius, 04.05.2015)

IM VORBEIGEHEN

Im Vorbeigehen
sah ich mehr 
viel mehr als nur
eigentlich viel zu viel
als
ob 
als
wenn
als könnte
vielleicht

doch

Und wie damals
hörte ich
das Gras wachsen.

(Kerstin Magirius, 14.05.2015)

WENN...

Wenn ich sag - ich liebe es,
wird das Es zum Argonauten.
Wird zur Krönung allen Seins
was je Herz und Seele schauten.

Wenn ich sag - ich liebe dich,
wird das Du zum ewig meinen.
Wird sich ungefragt in mir
mit dem Ewiglicht vereinen.

Wenn ich sag - ich liebe mein,
wird das Mein zu all und jenen.
Wird zum Durstquell für all die,
die sich nach der Liebe sehnen. 

(Kerstin Magirius, 18. Mai 2015)

SOLL UND HABEN

Reichtum fühlt sich an wie Nichts,
welches Nichts kann man erklären?
Doch sehr wohl tut man mit Nichts
seine Seele oft beschweren.

Reichtum glaubt sich fest wie Staub,
welcher Staub bleibt ewig liegen?
Schon ein Windhauch reicht oft aus,
um das Staubkorn  zu besiegen.

Reichtum hört sich an nach viel,
wieviel kann der Mensch empfinden?
Wieviel Gold wiegt das Gefühl,
dass die Menscheit kann verbinden?

(Kerstin Magirius, 18.05.2015)

LICHTQUELL

Grasgrüne Hoffnung
mit Leuchtkäfern
die fliegen
nicht hoch genug,
nicht weit genug,
nicht hell genug?


Warum sonst
mäht der Mensch
weg,
das Gras?

(Kerstin Magirius, 04.06.2015)

AUFHELLER

Ist man dem Einen wohlgesinnt,
wird auch das Andre heller.
Ein Lächeln, das den Tag beginnt
vertreibt die Wolken schneller.

Scheint erst die Sonne lichterloh,
wird sich das Herz bedanken.
Es wird beglückt dann - seelenfroh,
zum Blau des Himmels ranken.

Und wer da denkt es geht nicht mehr,
der traue sich zu lachen.
Das bringt im größten Grautonschwer
die Freude zum Erwachen
.

(Kerstin Magirius, 31.05.2015)

RAUCHZEICHEN

Türspaltweit
hinein, hinaus...
ein Windfangspiel,
das Licht geht aus.

Die Kerze tropft,
das Kind erschrickt,
die Diele knarrt,
der Zeiger tickt.

Die Mutter schläft,
der Vater auch.
Das Kind schläft nicht,
es sieht den Rauch.

Er steigt empor,
schon bläst der Wind
den Rauch vom Docht
direkt zum Kind.

Windrauchzeit,
der Rauch riecht gut.
Er geht dem Kind
direkt ins Blut.

Ein Windhauchkuss
so schwer wie Wein-
erschöpfend süß,
das Kind schläft ein.


(Kerstin Magirius, 03.06.2015)

VERWEILEN

Verweile
sagte die Zeile
du bist so getrieben
erst hast du mich schmerzhaft
ins Leben geschrieben
aus Tonnen von Lettern
die Berge erklettern
so blitzschnell
erkoren...

nun bin ich
verloren.
Vereinsamt
entsagend
das Blatt nicht ertragend
das fasrig voll Tiefe
mich zwingt in die Riefe
von Blauton umschlungen
zum Dasein gezwungen
mich festhält,
mich Zeile
drum Mensch du
verweile!


(Kerstin Magirius, 04.06.2015)

LAUTSTILL

Zarte Seiten spielt der Wind,
reißt die Stille nicht entzwei.
Setzt sich auf den Stuhl den Tisch,
ist ganz einfach nur dabei.

Laute Worte spricht dein Blick
die gedacht auf Stuhl auf Tisch
ich mit meiner kleinen Hand
windgefühlt einfach verwisch.

Ohne Seiten klingt die Nacht,
hallt uns nach so wie der Wind.
Weil auf Hand, auf Tisch auf Stuhl
unsre Herzabdrücke sind.

(Kerstin Magirius, 22.06.2015)

WINDSPIEL

Durch Bögen zieht der Wind,
erfüllt vom Klang der Stadt.
Durchkämmt das Labyrinth,
das keinen Ausgang hat.

Nur Zeitenspuren dicht
von Menschenhand gefüllt-
die Stadt, die sich ins Licht
der Morgenröte hüllt.

Ihr Leuchten streift den Wind-
den Wind, der sie gut kennt.
Der sie im Labyrinth
bei ihren Namen nennt.

Ein windiges Gespiel
von steingefühlter Zier.
Es braucht des Blicks nicht viel,
er schenkt sich ganz - nur ihr.

(Kerstin Magirius, 22.06.2015)

LIPPEN IN DER DUNKELHEIT

Lippen in der Dunkelheit
finden nicht das Wort zum Mond
weil der Wind sie nicht berührt, 
nicht ihr Lautgefühl vertont.


Vielmehr wird der Mund zum Schrein- 
wird zum Meer, das offen schweigt,
das sich in der Dunkelheit
vor der Schweigsamkeit verneigt.

Lippen in der Dunkelheit,
jeder Laut stirbt ohne Klang.
Wird zum Ort, der ohne Mond
seine Ewigkeit erlangt.

(Kerstin Magirius, 23.06.2015)

ENTFÜHLT

Nicht weit entfernt,
doch weit genug.
Und irgendwann-
da war doch was...
Was war es nur?
Wo kam es her?
Der Regen tropft
aufs Pulverfass.


Kein Zünden mehr,
die Hand am Docht...
was es auch war,
es war mir nah.
Der Docht ist kalt,
kein Funken Licht.
Es fühlt sich fremd
was ich da sah.

(Kerstin Magirius, 30.06.2015)

AUFBRECHEN

herzknospen
liebäugeln
mit mir
in deiner
hand
die mich hält

ich drücke zu
ganz fest


(Kerstin Magirius, 10. Juli 2015)

ZUFLUSS

tageweise 
in stunden ausgedrückte
minuten, sekunden
tröpfelnd
nur
doch
wöchentlich
in monaten ausgedrückt
in jahren
ein schwall
ewigkeit...


(Kerstin Magirius, 13. Juli 2015)
 

GRASNARBEN

Seitenweise
Sichtweisen...
schwarze Seiten,
weise Seiten,
hinweisend
weissagend
das Weiße
zwischen all
dem Schwarz
getupftes
Grün.

(Kerstin Magirius, 23.Juli 2015)

RANDNOTIZ

Hochsommerlich
das Grinsen
des Tages,
Begierig
umliebt.
verzerrte
Luft
nur,

zu heiß.

(Kerstin Magirius, 23.07.2015)

DAS GEWITTER

Es donnert laut,
der Hund erschrickt.
Der Regen tropft
dem Hund aufs Fell.
Der Hund wird nass,
er schüttelt sich - 
schon rennt er fort
laut mit Gebell.


Das Herrchen ruft
vergebens wohl.
Kein Hund in Sicht,
es regnet sehr.
Es blitzt und kracht,
das Herrchen rennt,
er rennt dem Hund
wohl hinterher.

Der Hund derweil
ist lang daheim
das Herrchen schnauft,
doch er erkennt,
es hat für wahr
sein Gutes auch
wer solchen Hund
sein Eigen nennt. 

(Kerstin Magirius, 16.08.2015)

WÜSTE IM KOPF

 

Wüste im Kopf,
fruchtlose Zeit.
Hunger und Durst
machen sich breit.

 

Geistig verdorrt
strauchelndes Wort.
Fällt aus dem Mund
sandigt den Ort.

Trocknet den Fluss,
heuchelt Gewinn.
Lebt sich so aus,
zeitigt den Sinn.

(Kerstin Magirius, 21.08.2015)

STERNENSTAUB

Schwarzer Ruß auf weißem Sand,
ist die Vorhut wohl der Meere.
Baut sich auf wie eine Wand,
läuft am Ende doch ins Leere.

Zuviel weiß, das strahlend lacht.
Schwarzer Ruß kann nicht bestehen.
Wird als Sternenstaub bei Nacht
mit den Winden wohl verwehen.

(Kerstin Magirius, 23.08.2015)

WENN ZWEI SICH STREITEN...

Tausende von Satansspinnen
krabbelten in Windeseile
über eine grüne Wiese,
ließen keinen Grashalm heile.

Tausende von Grüngrashüpfern
sprangen auf die Satansspinnen,
schworen Rache für die Wiese,
hüpften auf sie wie wie von Sinnen.

Tausende von Nebelkrähen
freuten sich der leichten Beute.
Waren Sieger dann am Ende
so wie ich das Ganze deute.

(Kerstin Magirius, 24.08.2015)

DIE FLUT

Sie macht Angst,
die Flut.
Sie reißt mit,
sie reißt um.

Entwurzelte
Träume
im sonnigen
Blau.

Der Tag weint
Steinsamen.

(Kerstin Magirius, 03.09.2015)

VOM ASTLOCH

Sitzt ein Sperling vor dem Astloch,
das bewohnt wird von dem Specht.
Dieser hat das Loch erschaffen
und so ist das nur gerecht.

Sitzt ein Specht in jenem Astloch
wo der Sperling schaut hinein
Und er denkt bei sich im stillen - 
ach, wie ist der Vogel klein.

Sitzen zwei in einem Astloch,
einer klein und einer groß.
Beiden ist das schnurzepiepe 
und das finde ich famos.

(Kerstin Magirius, 11.09.2015)

ES

Im Nachhinein - 
nein, sehr viel früher,
sehr viel näher,
nah am Du.
Viel zu vage,
nur ein Ahnen,
der Erkenntnis
drückt der Schuh.

Im Vorhinein - 
nein, sehr viel später,
viel entfernter,
fern von nah.
Viel zu vage,
nur ein Spüren,
die Gewissheit - 
es war da.

(Kerstin Magirius, 19.10.2015)


KLANGPERLEN

Tanzen viele Fingerspitzen
bis sie von dem Tanzen schwitzen
und den Schweiß dabei verspritzen
auf die Tasten, bis sie blitzen.
 

Blitzen viele Spritztonklänge
über Breite, Höhe, Länge
und erhellen so die Ränge
auch im dichtesten Gedränge.

Drängeln viele Notenschlingel
durch die spitzen Fingerkringel
und erzeugen so den Schwingel
einer konzertierten Klingel.

Klingeln viele Schwingelglocken
von der Schweiz bis zu dem Brocken
wo die Gipfelstürmer hocken
und die Spritztonklänge rocken.

(Kerstin Magirius, 24.10.2015)

 

 
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