Nachtwanderin
  .SCHATTENWELTEN.
 


 JAHRESWECHSEL

Das alte Jahr neigt
sich dem Ende

...

Ich frage den Wind
nach dem Morgen.
Er lässt es kräftig wehen.

Auf den Bergen
bin ich der Sonne nah.
Sie senkt den Blick Richtung Osten.

Am See der Tränen
schmeck ich den Schmerz
tausender und aber tausender.

Er brennt auf den Lippen
wie feurige Glut.
Ascheregen verdunkelt den Tag.

Im Heute liegt das Gestern
samtweich begraben.
Im Morgen wird es keine Gräber mehr geben...

Der Mensch selbst wird sein
größter Albtraum sein
am Morgen,

wenn der Himmel brennt.

(Kerstin Magirius, 01.01.2011)

EISZEIT

V
ergessenheit liegt auf den Feldern,
der Winter holt sie ein.
Er deckt sie zu für lange Zeit,
er will ihr Beistand sein.

Verlorenheit keimt in manch Wurzeln,
kraftlos ist ihr Mühen.
Was verwelkt ist, kann im Frühjahr
nicht von neuem blühen.

Einst vertrautes liegt am Wegrand,
dornenreich bestückt.
Kalter Wind nur, der das Gestern
von der Welke pflückt.

(Kerstin Magirius, 10.01.2011)


IM STAUB GEBOREN

Verstummt
vom Staub,
verstaubt der Sinn -
nur Staub auf Schritt und Tritt.
Ein neuer Weg,
ein neues Ziel,
der Staub
am Schuh
geht mit.

Verklärt
der Blick,
verklärt das Wort...
der Staub wiegt schwer beim Gehen.
Wir sind beschwingt
auf unsrem Weg,
den Staub
soll niemand
sehen.

Verstaubt
das Herz,
verstaubt der Weg -
wir sind im Staub geboren.
Doch haben wir
bei all dem Staub
das Mensch
sein nie
verloren.

(Kerstin Magirius, 27.01.2011)

 STIMME DES FRIEDENS 

Ich hab sie gerochen
die stinkende Meute,
sie zündeten Lichter
von künstlicher Zier.
Zu Kälte erstarrtes
aus ihren Mündern
so standen sie da,
bedrohlich vor mir.


Ich hab sie gehört
die Stimme des Friedens,
sie trat meine Seele
mit roher Gewalt.
Sie trägt eine Maske,
die Maske der Liebe,
sie macht vor nichts
und niemandem halt.

Ich hab sie gesehen,
die Flamme des Friedens,
sie schien in die Nacht
wie  nebliges Licht.
Erkoren als Zeichen,
Symbolkraft der Liebe
so lockt sie die Schafe
zum jüngsten Gericht.

Sie werden verbrennen,
in Schmerzen sich winden,
die, die da glauben,
die hoffen zu finden....

(Kerstin Magirius, 01.07.2011)

DIE ALTEN

Es sind ihrer Viele,
entfremdet dem Heute,
der Zeit nicht gewachsen,
dem schnellen vergehen.
Computervernetzung,
die Sprache der Jugend,
sie können das Heute
nicht mehr verstehen.

Das Einst, das Vertraute
verliert sich im Nebel,
sie sind wie entwurzelt,
vertrieben vom Sein.
Die Alten, ganz Alten -
so reich an Erfahrung,
sie sind heut oft hilflos,
verlassen, allein.

Wer kenne ihre Namen?
Wer will sie wissen?
Wer wird diese Alten
jemals vermissen?

(Kerstin Magirius, 16.07.2011)


GESTRANDET IM ABSEITS

Da ist eine Frau
stets grünlich gekleidet.
Man hört sie von weiten
schon in der Stadt.
Dort singt sie von Herzen,
den Menschen zur Freude
weil sie kein Gesicht
zu verlieren hat.

Da ist eine Andre,
auch älter Dame.
Sie lächelt stets freundlich
in sich hinein.
Sie trägt einen Teddy
im Arm wie ein Baby.
Mit ihm ist sie glücklich
und nicht so allein.

Dann ist da noch Egon
im Bahnhof am Thresen.
Er trinkt jeden Tag dort, 
es ist sein zu haus.
Das sind alles Menschen,
gestrandete eben,
am Rand der Gesellschaft
ganz ohne Applaus.


(Kerstin Magirius, 16.07.2011)

DER SCHREI

Zerbrochenes
schneidet
 Scherbenmuster
 tief in
 die Seele
und
spiegelt
wunden Schmerz
durch das Auge
der Zeit,

 das blind
 vom
Leiden
tränenleer
schreit.

Stumm formt
das Wort
diesen
 Klang.

(Kerstin Magirius, 26. Juli 2011)


(copyright by Gesine Imhof)

IRRLICHTER

Der Teufel hat ein leichtes Spiel,
er kennt des Menschen Schwächen.
Dort nistet er sich wohlig ein
um sich an Gott zu rächen.

Der Mensch dient ihm nur als Gefäß,
als künstliche Kulisse.
Dort schmiedet er den nächsten Plan
mit teuflischer Prämisse.

Und wer da glaubt, es gibt ihn nicht,
der muss nicht sehr weit gehen.
Soviel ist erst in jüngster Zeit
durch seinen Geist geschehen.

Besessenheit durch Wort und Tat -
die Welt wird fremdgesteuert.
Der Teufel lacht, während der Mensch
auf seinesgleichen feuert.
 
(aktuell zu den Ereignissen in Oslo und auf der 
Insel Utoya)
 
'Ob ich nun an einen Dämon des Luftreichs glaube oder an einen Faktor im Unbewussten, welcher mir einen teuflischen Streich spielt, ist völlig irrelevant. Die Tatsache, dass der Mensch von fremden Mächten in seiner eingebildeten Einheitlichkeit bedroht ist, bleibt nach wie vor diesselbe.' 
(C.G. Jung - Archetypen dtv 1993)


(Kerstin Magirius, 24. Juli 2011)

IM WINDSCHATTEN

Windschatten umnächtigt
das Gesicht vom Tod.
Grausame Gewissheit
färbt das Abendrot.

Von den Hungerzweigen
fällt das erste Blatt.
Tausende die folgen,
werden nicht mehr satt.

Leicht wie eine Feder
fliegen sie im Wind. -
Kleine, zarte Blätter,
die vertrocknet sind.

Durch die schlimmste Dürre seit 60 Jahren leiden mittlerweile mehr als elf Millionen Menschen in Somalia an Hunger.

(Kerstin Magirius, 22. Juli 2011)


DAS EINSAM HERZ

Das einsam Herz
flieht seinem Klang,
dem leidvollen Entsagen.
Ein jeder Ton schwillt in der Brust
wie abertausend Plagen.

Das einsam Herz
schweigt sich im Schmerz,
die Liebe wird zur Wunde.
Es schlägt so laut und wehmutsvoll
zur abendlichen Stunde.

Das einsam Herz
hält sich bedeckt,
kein Andrer darf es sehen.
Nur wer den Herzschlag hören kann
kann auch den Klang verstehen.


(Kerstin Magirius, 21. August 2011)

ARMAGEDDON

Aufbegehren,
sich bewegen
ohne Ketten, ohne Zwang
Neue Wege 
sich erschließen
noch vor Sonnenuntergang.

Lichterketten
für den Frieden
Gegen Kriege, gegen Streit.
Worte finden
die vereinen
eh sie kommt, die Dunkelheit.

Massendemos,
Volksbegehren,
Menschenherzen schlagen laut
wo der Teufel
schon das Ende
wohlgelüst zusammen braut.


(Kerstin Magirius, 20. November 2011)

DÄMOKRATIE

Volksverdummung heißt der Slogan,
Katastrophen fett gedruckt.
Abgestumpfte Menschenseelen,
ein mediales Viadukt.

Lichtgestalten, Gotteskrieger,
Lobbyisten postulieren.
Undurchsichtiges Equipment,
machtinternes korrumpieren.

Wahrheitssucher, Friedenskämpfer,
Querulanten, Streikrekruten.
Unbequemes - offenbarend,
ist dem Staat nicht zuzumuten.

Dämokratisch sind die Ziele
ausgerichtet auf vertuschen.
Für das Volk gibt es zwei Wege,
sich zu wehren, oder kuschen.


(Kerstin Magirius, 26. November 2011)

 
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